Nadia Schenk ist Mitte 2016 zu der Facebook-Gruppe "Lipödem Lëtzebuerg", bei der sie inzwischen als Moderatorin tätig ist, gestossen. Seitdem engagiert sie sich aktiv für die Anerkennung der Erkrankung in Luxemburg und steht Betroffenen stets mit Rat und Tat zur Seite. Als aktives Mitglied der Vereinigung Lipödem Lëtzebuerg a.s.b.l. ist es ihr ein besonderes Anliegen, mit gutem Beispiel voran zu gehen und hier ihre ganz persönliche Geschichte mit Ihnen zu teilen.
Mein Lipödem und Ich
Nadia Schenk - 11. Februar 2017
Alles fing in meiner Pubertät an, man lernte dass sein Körper sich verändert aber ich war mir von Anfang an ziemlich sicher dass bei mir etwas nicht stimmt.
Meine Beine und Arme passten nicht zum Rest vom Körper, ich fing an mich zu schämen, wollte in der Schule nicht mit ins Schwimmbad, nicht mit zum Turnen, geschweige denn zu der Schulmedizin, denn da musste ich mich ja ausziehen und jeder würde meine Dicken Arme und Beine sehen. Irgendwann aber fing ich an zu akzeptieren dass ich so bin wie ich bin und legte kein Wert mehr auf meine Arme und Beine. Habe mir immer Kleider gekauft die zu groß waren damit nicht einer auf die Idee kommt mich zu fragen ob ich zugenommen habe und mir weise Geschichten erzählen würde von Sport und gesunder Ernährung. Das ging Jahre so und meine Eltern legten das auch weiterhin nicht auf die Goldwaage, sie dachten auch das wären normale Veränderungen in der Pubertät und mit dem Alter würde das wieder verschwinden.
"Ich sah mich im Spiegel und weinte bitterlich."
Als ich dann aber älter wurde und anfing mich wie eine Frau zu fühlen, stellte ich eines morgens fest dass meine Beine und Arme viele blaue Flecken hatten und es fing an extrem zu schmerzen, ich sah mich im Spiegel und weinte bitterlich. Ich rannte zu meiner Mutter und bat sie mit mir zum Arzt zu fahren um das checken zu lassen, diese Symptome machten mir Angst. Gesagt getan und somit fing mein Leidensweg an.
Der Hausarzt verschrieb mir damals nur ein Blutbild was aber keinerlei Auffälligkeiten zeigte und somit war der Kampf mit meinen Armen und Beinen wieder mal in den Winterschlaf verlegt worden. Jahre später verschlimmerte sich abermals alles, mit dem Einnehmen der Pille. Man dachte sich aber weiterhin das wäre normal weil viele Mädchen zunehmen von der Pille, so würde denn öfters die Marke, die Dosierung etc. gewechselt. Auch dies wies keinerlei Besserung auf und so war für mich klar dass ich was unternehmen muss. Ich dachte mir: Du schreibst jetzt alles auf was du isst und du gehst ins Fitnessstudio um deinem Körper die passende Form zu verpassen. Das hielt ein Jahr an, nutzte mir aber nix, meine Arme und Beine blieben unverändert.
"Lass dich doch mal auf Lipödem testen!"
An meinem 25. Geburtstag kam ein Freund meines Vaters zu Besuch, er guckte mich an und sagte knallhart zu mir „ Du hast aber zugenommen, mein lieber Schwan, aber nur die Beine und Arme, lass dich doch mal auf Lipödem testen“. Ich sah ihn an und fing an den Kopf zu schütteln und sagte: "Ich glaube, Du hast sie nicht mehr alle!" und ich bin gekränkt auf mein Zimmer gelaufen. Ich googelte dieses Krankheitsbild und tatsächlich fand ich mich in diesen Symptomen wieder.
So beschloss ich mein Schicksal mal wieder selbst in die Hand zu nehmen und wechselte den Hausarzt. Dieser war von meiner Selbstdiagnose nicht abgeneigt, wollte aber schlimmeres ausschließen und überwies mich zu verschiedenen Spezialisten: es fing an dass ich zu einem Krebsarzt überwiesen wurde, dieser sollte Leukämie ausschließen. (Wegen der Hämatome auf der Haut die aus dem Nichts kamen). Dieser fand allerdings nichts und überwies mich weiter zum nächsten Spezialisten, dieser sollte die Funktionen von meinen Organen prüfen und Tests machen wie fit ich bin. Ich musste mit dem Fahrrad im Krankenhaus 30 Minuten fahren um die Herzfrequenz bei Belastung zu kontrollieren, ich schaffte keine 5 Minuten, dann war ich schon am Ende meiner Kräfte, so schmerzten meine Beine. Die Ärztin überwies mich sofort intern zu einer Venen-Spezialistin, diese sah mich an und fragte wie kann ich ihnen helfen. Ich erklärte ihr meine Symptome sie sagte: "Ziehen Sie mal die Hose aus und legen Sie Sich hin, daraufhin sagte sie - ohne ein Ultraschall zu machen - dass es sich um Lipödem handeln würde. Sie machte trotzdem noch ein Ultraschall und kurz darauf hatte ich endlich einen Namen für mein jahrelanges Leiden.
Die Venen-Spezialistin überwies mich zu einem Chirurgen hier in Luxemburg, wies mich aber sofort drauf hin dass ich alles selbst zahlen müsste. So war für mich klar dass ich mich mal wieder im Internet schlau machen würde, ob es noch andere Spezialisten gibt für Lipödem-OPs. Und wie der Zufall es so will wurde ich sofort fündig in der Facebook-Gruppe „Lipödem Lëtzebuerg“ und meldetet mich dort sofort an.
Ab diesem Tag spielte diese Krankheit für mich eine große Rolle in meinem Leben und täglich las ich mir mehrere Artikel Zeile für Zeile durch bis ich das ganze Krankheitsbild verstanden hatte. Ich nahm mir vor sofort einen Termin bei einem Spezialisten zu nehmen und machte mich auf die Suche nach passenden Ärzten, sowohl hier in Luxemburg als auch in Köln. Der Arzt in Köln hat sich ganze 2 Stunden Zeit genommen um mir alles zu erklären, schrieb mir eine flachgestrickte Kompressionsstrumpfhose auf und empfahl mir 1-2 Mal pro Woche zur Lymphdrainage zu gehen.
"Das ist mein wahres Ich!"
Am 1.9.16 fing dann für mich ein neues Leben an, ich wurde operiert und mir wurden die kranken Fettzellen entfernt, so dass ich wieder schmerzfrei leben kann. Nach dieser Operation änderte sich mein Leben komplett, ich konnte wieder mit Freude in den Spiegel schauen und mir sagen: Das ist mein wahres Ich! Ich konnte meinen Beruf wieder ohne Schmerzen ausüben und habe mein Strahlen wiedergefunden wie auch den Sinn, jeden Tag früh aufzustehen um anderen Leuten die krank, sind zu helfen. Ab diesem wunderbaren Tag war mir erstmals wieder ganz bewusst, wie schön es ist ohne Schmerzen zu leben und das zu machen was mich glücklich macht - ohne Einschränkungen!
Heute bin ich glücklich verheiratet, habe mittlerweile die zweite Operation hinter mir und mache mich für andere Menschen stark , die das gleiche Schicksal haben wie ich.
"Zusammen sind wir stark und nur zusammen können wir Großes erreichen!"
Eure Nadia